Am 13.01.2011 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Sachstandsbericht zur Evaluation arbeitsmarktpolitischer Instrumente veröffentlicht. CDU, CSU und FDP hatten 2009 im Koalitionsvertrag (Link: PDF) vereinbart, dass alle arbeitsmarktpolitischen Instrumente (ABM, “Arbeitsgelegenheiten” und dergleichen) evaluiert werden, so das BMAS. Es bezieht sich dabei vermutlich auf folgenden Absatz des Koalitionsvertrages (S.22):
Aufgabenkritik der Bundesagentur für Arbeit
[…] Die Aufgaben und Strukturen der BA sind einer Aufgabenkritik zu unterziehen, um eine möglichst effiziente Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger zu erzielen.
Grundsätzlich gilt, dass finanzielle Mittel und das Personal der jeweiligen Aufgabe folgen.
Bei der Gestaltung dieser effizienten Dienstleistung hat die Regierung hier also die Absicht, das tun der Bundesagentur für Arbeit zu evaluieren, um finanzielle und personelle Ressourcen innerhalb der BA da hin zu verteilen, wo am meisten Wirkung erzielt wird. Mal davon abgesehen, dass man diesen Satz auch schlicht als “Wir geben kein zusätzliches Geld für Arbeitsmarktpolitik aus.” interpretieren kann, interessiert mich natürlich, wie die Leistungen zur Eingliederung ins Arbeitsleben von Menschen mit Behinderung bei diesem Prozess abschneiden.
Kurz gesagt: Gar nicht.
Sie tauchen nämlich in dem Sachstandbericht nicht wirklich auf. Nur an einer Stelle, nämlich da, wo uns mitgeteilt wird, dass man sie nicht mitgezählt hat (S. 17):
Nicht diskutiert werden etwa der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwer behinderte Menschen, sowie Sonderregelungen für behinderte Personen.
Man kann nur spekulieren, was das bzgl. der Ressourcenverteilung für diese Maßnahmen bedeutet. Im besten Fall könnte man sagen: “Was nicht evaluiert wird, steht nicht auf dem Prüfstand. Hier wird also weder Geld hinzugefügt, noch weggenommen.”, Im schlechtesten Fall: “Das wurde nicht evaluiert, weil es ohnehin in der Prioritätenliste ganz weit unten steht.” Eine dritte, m.E. aber recht unwahrscheinliche Erklärung wäre noch, dass die Gelder, die im Bereich Eingliederung ins Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung fließen, im Vergleich zu anderen Bereichen so klein sind, dass sie nicht interessieren. Zwar bezahlt die BA die Grundsicherung nach SGB II, dass die meisten Menschen mit Behinderung, die nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sind, empfangen, aber die Maßnahmen für diesen Personenkreis trägt die BA nur anteilig.
Nimmt man sich die Maßnahmeform WfbM als Beispiel, so trägt die BA hier in der Regel nur die Maßnahmen im Berufsbildungsbereich. Im Arbeitsbereich werden die Maßnahmen in der Regel vom Sozialhilfeträger bezahlt.
Egal welche dieser drei Möglichkeiten es ist, fest steht, dass bei einer umfassenden Aufgabenkritik der BA jene Aufgaben, die sich auf Menschen mit Behinderung beziehen, nicht interessant zu sein scheinen.
Ein kleiner Nachschlag noch:
Auf der Suche, ob nicht doch irgendwo etwas über Menschen mit Behinderung steht, habe ich den Sachstandsbericht nach allen Erwähnungen des SGB II durchforstet, weil die meisten Empfänger von Eingliederungsleistungen ins Arbeitsleben nach SGB IX auch Grundsicherung nach SGB II empfangen. Hierbei habe ich einen interessanten Aspekt gefunden. Er bezieht sich hier nur auf Langzeitarbeitslose, da Menschen mit Behinderung ja ausgeklammert wurden. Ich behaupte aber, dass man folgende Aussage für alle “schwer vermittelbaren Personen”, auch Menschen mit Behinderung treffen kann (S. 20):
Einstellungshindernis bei schwer vermittelbaren Personen sind offenbar weniger individuelle Produktivitätsdefizite als solche, sondern eher, dass Personengruppen wie Langzeitarbeitslosen allgemein eine geringere Produktivität zugeschrieben wird. In einer beachtlichen Anzahl von Fällen wurde diese Einschätzung nach einer Erprobungsphase im Betrieb revidiert.