Podcast vs. Radio – Die Kompression macht’s

In letzter Zeit wurde ich aus verschiedenen Quellen angestoßen, darüber nachzudenken, was denn eigentlich der Unterschied zwischen Podcasts und “herkömmlichem” Radio ist. Das habe ich nun getan und schreibe einige dieser Gedanken hier ins Netz rein.

Radio

Erstmal muss ich klarstellen, dass ich mit “Radio” das gesprochene Wort im Radio meine. Gummibunten Dudelfunk mit Morning-Shows und ähnlichen Scheußlichkeiten ertrage ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Eingeschlafenen Kulturfunk, mit E-Musik unterbrochen von monoton vorgetragenen Ansagen habe ich noch nie ertragen.
Ich rede also von Radio, das das gesprochene Wort in den Mittelpunkt stellt, in der Regel zur Information/Bildung oder zur Unterhaltung.

Podcasts

Das selbe gilt im Prinzip auch für Podcasts. Auch hier spreche ich von Formaten, in denen im wesentlichen geredet wird. Ich begrüße zwar sehr, dass es Musikpodcasts gibt, die z.B. versuchen CC-lizensierter (und GEMA-freier) Musik zu mehr Verbreitung zu verhelfen, aber ich höre sie (bisher) nicht und kann deshalb nichts über sie sagen.

Nach dieser Engführung lassen sich Unterschiede auf verschiedenen Ebenen ausmachen:

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Asperger – Die nächste Evolutionsstufe?

Über einen meiner News Alerts bin ich auf folgenden TED-Talk von Juan Enriquez aufmerksam geworden: “Will our kids be a different species?

Ein sehr unterhaltsamer und empfehlenswerter Vortrag, auch wenn ich durchaus einiges an Kritik habe. Enriquez stellt hier mehrere steile Thesen auf und vermischt sie relativ diffus miteinander.

An einer Stelle stellt er die Frage auf, ob “Conditions” wie das Asperger-Syndrom evtl. Teil des evolutionären Drifts sein könnten und diskutiert verschiedene Ansätze, wie dies zu begründen sei. Besonders unterhaltsam finde ich hier den “Sexy Geek”-Effekt. 🙂

Alles hochspekulativ, aber dessen ist er sich bewusse. Deutlich wird dies z.B., als er über die stark ansteigenden Fallzahlen von Asperger eingeht (er sagt “autism” ich vermute aber, dass er nur Asperger meint):

But when you see an increase of that order of magnitude in a condition, either you’re not measuring it right or there’s something going on very quickly, and it may be evolution in real time.

Wie gesagt, inhaltlich ist das alles ziemlich fraglich und geht ziemlich steil. Was ich aber bemerkenswert finde, ist dass es das erste mal ist, dass ich einen Vertreter der Naturwissenschaften (insb. der Biologie), der nicht Teil des behindertenpädagogischen Diskurses ist, über Phänomene wie Autismus, ADHS o.ä. als etwas anderes als ein Defizit und medizinisches Problem sprechen höre, sondern als Ausdruck der Vielfalt der Spezies Mensch (die obendrein einen Fortschritt darstellen könnte).

Gut, dass der Diversity-Gedanke beginnt, auch in die Diskurse der Naturwissenschaften vorzudringen.

Bildsprache des Info-Fernsehens

Wie wir ja alles wissen sind Nachrichten- und Informationssendungen (sofern sie von den öffentlich-rechtlichen Sendern stammen), die Ausnahme zur Regel, dass im Fernsehen alles Volksverblödung und immer wieder der selbe wiedergekäute Kladderadatsch ist.

Dass aber auch bei diesen Sendungsformaten in der Regel eine fast rituelle Bildsprache vorherrscht, lässt sich schön an den beiden folgenden Videos erkennen.

  1. Ein BBC Beitrag, der die Bildsprache britischer News-Shows demonstriert “How To Report the News” und [youtube=https://www.youtube.com/watch?v=YtGSXMuWMR4]
  2. Ein davon inspirierter deutscher Clip mit dem Titel “Wie man einen Beitrag baut” [youtube=https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=0ymtgwM-jzw]

 

Frau Schröder & das Projekt “Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern”

Hier an der Uni flattern Broschüren rein, die von der Zeitbild Wissen – Stiftung erstellt wurden und vom Familienministerium
finanziert wurden. Titel: “Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern”

Vorwort v. Frau Köhler

Vorwort v. Frau Köhler

Das ganze dient als Unterrichtsmaterialien für Lehrerinnen und Lehrer, und wird von Ministerin Schröder im Vorwort sehr schön eingeleitet:

Extremisten bieten scheinbar einfache Antworten und schnelle Lösungen – auf Kosten unserer demokratischen Werte und unserer rechts-staatlichen Grundprinzipien. Linksextreme Positionen wurden in diesem Zusammenhang bisher zu wenig beachtet.

Interessant finde ich, dass schon auf dem Cover neben schon etwas betagteren Parolen wie “Macht kaputt, was euch kaputt macht.” und
“Keine Macht für niemand” auch ein Graffiti mit Kamera und “Stop Control” angebracht ist. Gegen Überwachung zu sein scheint also auf linksextreme Gesinnung hinzuweisen.

Lest Euch das mal durch, ich prophezeie, dass Ihr es amüsant/widerlich finden werdet.

Da finden sich feine Zitate wie:

“Linksextremistische Gewalt Die Zahl linksextremistischer Gewalttaten steigt seit 2002 stetig an und richtet sich zunehmend gegen die Personen, die das staatliche Gewaltmonopol beruflich verteidigen müssen – die Polizeibeamten.”

Mein persönlicher Favorit sind die didaktischen Hinweise und Tipps am Ende, die die Lehrer_innen mit ihren Klassen verwenden sollen. Z.B. das Rollenspiel zum Thema Hausbesetzung “Mein Haus, dein Haus” und die nicht im geringsten suggestive Arbeitsaufgabe:

Diskutiert in der Gruppe, ob es gerecht ist, dass ein Zehntel der Bevölkerung über 50 Prozent des Steueraufkommens leistet.

Das PDF-File gibt’s hier: http://www.zeitbild-stiftung.de/demokratie_starken_linksextremismus_verhindern.html


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Nicht die Rating-Agenturen, sondern die Banken

Seit mit der Euro-Krise Griechenlandkrise EU-Schuldenkrise Fortsetzung der 2008er-Finanzkrise mehr und mehr Menschen verstehen wie das System der Rating-Agenturen funktioniert (Leseempfehlung: Nachdenkseiten: “Ratingagenturen – ein zutiefst korruptes System“), stellen sie fest, dass hier ein paar wenige private Unternehmen massiven Einfluss auf nationale und internationale Politik haben. Ich höre immer wieder in meinem Umfeld Aussagen wie “Es kann doch nicht angehen, dass Körperschaften, die niemand gewählt hat, niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig sind, so viel Macht über das Leben so vieler Menschen haben können!”

So richtig die Einschätzung ist, dass das nicht angehen kann, entsteht das Problem meines Erachtens schon einen Schritt vorher. Warum haben Ratingagenturen diesen Einfluss? Wer gibt ihnen diese Macht? Antwort: Die Banken/große Finanzmarktakteure, die sich nach ihren Empfehlungen richten. Das Handeln der Ratingagenturen ist nur deshalb so relevant für nationale und internationale Politik, weil das Handeln der Banken so relevant für nationale und internationale Politik ist.

Das Problem entsteht meines Erachtens nicht an der Stelle des Systems, an der die Ratingagenturen ihre Macht erhalten, sondern schon vorher, an der Stelle, an der die Banken/großen Finanzmarktakteure ihre Macht erhalten. Und dann lässt sich auch gerne nochmals der Satz wiederholen: “Es kann doch nicht angehen, dass Körperschaften, die niemand gewählt hat, niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig sind, so viel Macht über das Leben so vieler Menschen haben können!”

Ein erster Schritt zur Rückgewinnung dieser Macht in die Hände des Souveräns ist das Konzept, das (wenn ernst gemeint) den Neoliberalen Gänsehaut bereitet: “Finanzmarktregulierung”.


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Gysi und Ströbele zur Panzerlieferung an Saudi-Arabien

Gysis Wortbeitrag zur Anfrage bzgl. der Panzerlieferung an Saudi-Arabien:

Die Position der Bundesregierung zu der Thematik lässt sich mit: “Kein Kommentar, ist geheim!” zusammenfassen. Dazu hat Ströbele dann noch in einer Kurzintervention etwas zu sagen:

Wer sich auch noch für die restlichen Redebeiträge zu dem Thema interessiert: hier gibt es die Übersicht, hier den gesamten Tagesordnungspunkt als ein zusammenhängendes Video.

Update:
Der Einwand von Ströbele, das die Geheimhaltung ja durch die Bundesregierung verhängt ist, und von der Kanzlerin aufgehoben werden kann, um den Bundestag zu informieren, war offensichtlich auch Thema der Bundespressekonferenz. Laut Augen geradeaus hat Steffen Seibert dort jedoch verkündet, dass man auch nicht Stellung dazu beziehen könne, ob dieser Einwand stimme, da dies in der Geschäftsordnung des Sicherheitsrats geregelt sei, und die wiederum sei geheim. Weshalb “Augen geradeaus” auch zum Titel “Ob’s geheim ist, bleibt geheim.” kommt.

Guttenberg: Von Einsicht keine Spur

Ich gehe nicht alleine wegen meiner so fehlerhaften Doktorarbeit, wiewohl ich verstehe, dass dies für große Teile der Wissenschaft ein Anlass wäre.

Beim Ex-Verteidigungsminister ist keinerlei Einsicht zu erkennen. Immer noch hält er die Legende von den “Fehlern” aufrecht und streitet ab bewusst getäuscht zu haben. Das kauft ihm keiner ab, und das ist auch der wahre Grund seines Rücktritts.

Aber wieder versucht er, die Regeln des Spiels zu diktieren. Es ist einfach nur die nächste Scheibe in der Salamitaktik. In seiner Darstellung tritt er eben nicht zurück, weil er ein Betrüger und Hochstapler ist und daher für Amt und Mandat ungeeignet, sondern er tritt zurück, weil die Medien so viel über ihn als Person schreiben, dass von den wirklich wichtigen Themen, die ihm so am Herzen liegen, abgelenkt wird. Bisher hat ihn das nie gestört. Weil positives geschrieben wurde.

Wenn es dabei jetzt bleibt, dann behält er sein Mandat und kann irgendwann, wenn dieses störende Medieninteresse nicht mehr besteht, auch wieder bedenkenlos Ämter übernehmen.

Deshalb darf es dabei jetzt nicht bleiben. Der Mann hat bewusst betrogen und getäuscht. Damit fehlt ihm das, was man für Amt und Mandat braucht: Glaubwürdigkeit. Und sein Umgang mit den Vorwürfen, die Arroganz, die Salamitaktik unterstreicht dies noch. Und dann auch noch die Stirn zu haben, genau diesen Umgang als “vorbildlich” darzustellen, wie er es in der Aktuellen Stunde im Bundestag am 23.02. tat, … da fehlen mir einfach die Worte.

Herr Guttenberg, Sie sind weder für Amt, noch für Mandat geeignet. Legen Sie Ihr Mandat nieder.

Wenn Sie Empfehlung von mir haben wollen, was Sie zukünftig mit Ihrer Zeit anfangen sollen:

Machen Sie in ehrlicher Arbeit Ihr zweites Staatsexamen.


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BIH: Ausgelagerte Werkstattarbeitsplätze maximal 2 Jahre

Bin über die Lebenshilfe darauf gestoßen, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) im Oktober 2010 neue Empfehlungen zur Förderung von Integrationsprojekten nach §§ 132 ff. SGB IX veröffentlicht hat. Weil das wahrscheinlich für viele wie böhmische Dörfer klingt, geht es nun ein wenig im Sendung mit der Maus-Stil weiter:

Was sind Integrationsprojekte nach §132 SGB IX?
Bei Integrationsprojekten nach diesen Paragraphen handelt es sich im wesentlichen um Integrationsbetriebe. Wem das nichts sagt, bzw. wer sich fragt, was der Unterschied zur WfbM ist, sei hier noch einmal kurz der entsprechende Abschnitt aus dem SGB IX zitiert (Hervorhebung von mir). Integrationsbetriebe dienen

zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt.

Das klingt erst einmal widersinnig. Überspitzt formuliert sollen da Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden, die nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können. Der Knackpunkt und der wesentliche Unterschied zur WfbM ist der Status als Arbeitnehmer in einem regulären/tariflichen/sozialversicherungspflichtigen (pick 1-3) Beschäftigung, während Beschäftigte in der WfbM ein “arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis” mit ihrer Werkstatt haben. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass ein Integrationsbetrieb nicht der Werkstättenverordnung unterliegt und daher bestimmte Regelungen wie Personalschlüssel etc. nicht für sie gelten.
Ansonsten halten sich die Unterschiede in Grenzen. In Integrationsbetrieben arbeiten teilweise gFABs als Gruppenleiter wie in Werkstätten, die angebotenen Arbeiten findet man auch in vielen Werkstätten wieder und der Personenkreis der in Integrationsbetrieben arbeitet ähnelt den leistungsstarken Werkstattbeschäftigten sehr.

Und was ist die BIH?
Die BIH ist die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter, also ein Gremium, in dem sich Behörden die meist auf kommunaler oder Kreisebene organisiert sind, bundesweit koordinieren. Eine Bundesarbeitsgemeinschaft halt…

Soweit so gut. Und was hat die BIH nun für Empfehlungen zu Integrationsbetrieben gesagt?
Jede Menge. Ich picke mir hier aber nur einen Punkt heraus. Es geht um ausgelagerte Werkstattarbeitsplätze in Integrationsbetrieben. Da geht es also um Beschäftigte, die einen Werkstattplatz haben, also eben das oben erwähnte arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis und eine Kostenzusage für all die Leistungen, die man in einer WfbM nun mal erhält (d.h. berufliche Bildung. Unter dem Strich: Personalressourcen der Fachkräfte). Ausgelagerter Werkstattarbeitsplatz bedeutet: Die Person ist formal Werkstattbeschäftigter, arbeitet aber nicht in der Werkstatt sondern auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz bei einer Firma, Einrichtung, Behörde o.ä. Die Werkstatt bleibt weiterhin für die Anleitung und berufliche Bildung des Beschäftigten zuständig. Es ist quasi ein ambulantes Modell des Werkstattarbeitsplatzes.
Zum für und wieder von ausgelagerten Werkstattarbeitsplätzen (ich meine hier Einzelarbeitsplätze nicht ausgelagerte Arbeitsgruppen) kann man eine Menge sagen und schreiben, was ich an dieser Stelle unterlassen möchte.
Ausgelagerte Werkstattarbeitsplätze in Integrationsbetrieben sind aber zunächst einmal konzeptionell nicht stimmig. Schließlich spannt sich der Unterschied zwischen Integrationsbetrieb und WfbM genau um den Status des Beschäftigten herum auf. Und zu sagen “Integrationsbetrieb: ja, aber Status als Arbeitnehmer: nein” ist damit widersinnig.
Praktisch haben sie ihre Berechtigung als Übergangs- und Erprobungslösungen, wo dem Beschäftigten die Rückkehr in die WfbM offen gehalten werden soll. Aber wenn sich die Tätigkeit des Beschäftigten an diesem Platz und in diesem Betrieb bewährt haben, gibt es keinen vertretbaren Grund mehr, die Maßnahmeform Werkstatt weiter zu betreiben.
Einen unvertretbaren Grund gibt es natürlich schon: Geld. Für den Integrationsbetrieb ist ein ausgelagerter (eigentlich müsste es hier “hereinverlagerter” heißen) Wfbm-Beschäftigter wirtschaftlich viel attraktiver als ein Angestellter. Bei Nicht-Integrationsbetrieben ist diese Argumentation ärgerlich, aber in aktueller politischer und Gesetzeslage muss man sie akzeptieren. Aber bei Integrationsbetrieben, die auf Gelder von Behörden hofft, darf es nicht der Grund sein.
Und im Prinzip sagt die BIH genau dass, wenn Sie auf Seite 3 festlegt, dass ausgelagerte Arbeitsplätze nur noch “innerhalb eines absehbaren Zeitraums möglich” sein soll. Eine konkrete Bezifferung dieses Absehbaren Zeitraumes bleibt aus. Die Vorsitzende des BIH legt diese in einer Rede mündlich nach: 2 Jahre.

Denn: Wenn ein behinderter Mensch aus der WfbM zwei Jahre in einem Unternehmen eine Maschine bedient, dann kann er dies auch innerhalb eines regulären Arbeitsverhältnisses tun. Alles andere konterkariert echte Beschäftigungsverhältnisse.


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