Partizipationsmodell

Als Daniel Franz und ich unser Lehrangebot für dieses Wintersemester geplant haben, haben wir darüber lamentiert, dass sowohl die Schaubilder in Rainer Wendts Lebenslagenkonzept (1), als auch in Bartelheimers Darstellung von Sens Capability-Ansatz (2) relativ schwer verständlich sind.

Dann habe ich (wie üblich, wenn Daniel und ich etwas entwickeln) ein wenig auf dem Flipchart rumgekritzelt, Daniel und ich haben ein paar Assoziationen hin und hergeworfen (z.B. ICF (3)) und das hier ist dabei rausgekommen.
Partizipationsmodell von Stefan Thesing und Daniel Franz
Mit der Zuordnung von ICF-Begriffen bin ich noch nicht 100%ig glücklich. Vor allem die Funktionen und Strukturen mit den Individuellen Bedingungen gleichzusetzen halte ich für problematisch. Aber grundsätzlich gehören sie da unten hin.

@Daniel: Ich habe den Bereich “Aktivitäten und Partizipation” aus der ICF nochmals unterteilt, weil sich dieser Bereich m.E. tatsächlich über den gesamten Bereich von Verwirklichungschancen erstreckt, wobei ich die Aktivitäten näher beim Individuum sehe (auch wenn Sie natürlich gesellschaftlich vermittelt sind) und die Partizipation näher an den Handlungsspielräumen.

(1) Wendt, Wolf Rainer (1988). “Das Konzept der Lebenslage”. Seine Bedeutung für die Praxis und der Sozialarbeit. In: Blätter der Wohlfahrtspflege 4, S. 79–83.
(2) Bartelheimer, Peter (2007). “Politik der Teilhabe”. Ein soziologischer Beipackzettel. In: Arbeitspapiere zum Fachforum Gesellschaftliche Integration 1, S. 1–31.
(3) ICF http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/downloadcenter/icf/endfassung/icf_endfassung-2005-10-01.pdf


Flattr this

Vorgetäuschte Partizipation

Einen Auszug aus dem Eintrag “Partizipation” aus dem “Evangelischen Staatslexikon” (Hrsg.: Herzog, R. et.al.), Band 2, Stuttgart 1987 (3. erw. Auflage) möchte ich Euch nicht vorenthalten.

Wir befinden uns in der Abschnittshierarchie an folgender Stelle des Eintrags:

  • III. Gesellschaftliche Bedeutung
    • A. Integrationstheoretischer Ansatz (es geht hier um Systemintegration)
      • 1. Integrationstheoretische Vorzüge von Partizipation
        • b) Konsensbeschaffung

Und nun das Zitat:

“P. kann Widerstände der durch Akte der Herrschaftsausübung Betroffenen abbauen und damit die Durchsetzung des jeweiligen Herrschaftsaktes erleichtern. Das kann geschehen, indem aufgrund der P. der Herrschaftsakt den Interessen der Betroffenen jedenfalls in den Randbereichen angepaßt wird.”

Soweit so eklig. Aber weiter:

“Es kann aber schon genügen, daß durch P. den Betroffenen nur das Gefühl vermittelt wird, an der Herrschaft beteiligt zu sein, wobei insbesondere ausgebildetere P.verfahren durch Isolierung des einzelnen und ‘Zerkleinerung’ seiner Interessen im Sinne LUHMANNS legitimitätsbildende Wirkung entfalten können.”

Auf deutsch: Wichtig ist, dass die Leute das Gefühl haben, beteiligt zu sein. Je komplizierter das Beteiligungsverfahren, desto isolierter ist der einzelne Mensch und desto weniger ist er sich bewusst, dass er nicht der einzige ist, dessen Interessen unter die Räder kommen.

Ich fürchte, das haben viel zu viele Politiker gelesen und verstanden…

Flattr this