Bild und Text – Mal volle Absicht

Häufig werden wir in der Presse mit Texten konfrontiert, die für sich genommen sachlich richtig sind und wenig Angriffsfläche für Gegenargumente sind, einfach weil in ihnen wenig gesagt wird. Erst durch die hinzugefügten Bilder entfalten sie ihre Wirkung, deren Intention sich dann aber immer noch abstreiten lässt. Schließlich war es ja der Leser, der die Interpretation vorgenommen hat, das Text und Bild zusammengehören…

In der Fernsehwelt ist dies noch mehr an der Tagesordnung als in der Print- und Onlinewelt.

Für alle die jetzt sagen: “BEIIIIISPIEL!!!!”, eines bei dem oben beschriebener Effekt schön zu sehen ist, aber im Gegensatz zu oben beschriebenen Medien mit voller Absicht einen recht harmlosen Text unter Zuhilfenahme von Bildern zu einer alles andere als harmlosen Rezension der Osterrede von Bischof Mixa werden lässt:

http://www.ruhrbarone.de/atheismus-und-massenmord/

Den Autor dieses Artikels kritisiere ich dafür übrigens ausdrücklich nicht. Schließlich betreibt er die Untermalung mit Bildern so vehement, dass an der intendierten Wirkung keinerlei Zweifel bestehen kann.

Sprache und Erinnerung

Ich bin ja immer auf der Suche nach weiteren Erkenntnissen und Ergebnissen zur Rolle von Worten als Denkwerkzeugen.

Auf der Seite von Psychological Science, einer amerikanischen psychologischen Fachzeitschrift fand ich gestern eine News-Meldung, die diesbezüglich meine Aufmerksamkeit erregte: What I Was Doing vs. What I Did: How Verb Aspect Influences Memory and Behavior.

Die Autoren haben ein spannendes Experiment durchgeführt zur Frage, wie die Art und Weise, wie wir eine Aufgabe sprachlich beschreiben, unsere Erinnerung an das Ereignis beeinflussen.

In dem Experiment wurden Probanden mit der Lösung sogenannter “Word-Puzzles” beauftragt. Nach Bearbeitung der Aufgaben wurden einige Probanden aufgefordert, die gerade durchgeführte Tätigkeit zu beschreiben und dabei die englische Zeitform imperfective zu verwenden: “I was solving word puzzles.” Also eine Formulierung, bei der der Fokus auf den Prozess gelegt wird, die beschriebene Handlung nicht unbedingt als abgeschlossen angesehen wird.

Andere Probanden wurden aufgefordert, das selbe in der Zeitform perfective: “I solved word puzzles.” Also eine Formulierung, bei der die beschriebene Handlung als abgeschlossen betrachtet wird.

Anschließend wurden die Probanden mit Gedächtnisaufgaben zu Ihren Word-Puzzles betraut oder mit der Lösung ähnlicher Word-Puzzles beauftragt. Diejenigen Probanden, die das imperfective verwendet hatten brachten bei beiden Aufgaben deutlich bessere Leistungen.

Die Autoren schließen daraus, dass die sprachliche Formulierung, die zur Beschreibung der Aufgabe verwendet wird, die Art und Weise, wie die Erinnerung an die Aufgabe “abgespeichert” wird beeinflusst.

Also in meinen Worten kurz zusammengefasst: Wenn sprachlich eine Formulierung verwendet wird, die den Verlauf eines Ereignisses in den Vordergrund stellt, wird auch die Erinnerung an das Ereignis verlaufsorientiert sein. Wenn jedoch eine Formulierung verwendet wird, die das Ergebnis eines Ereignis in den Vordergrund stellt, wird auch die Erinnerung an das Ereignis ergebnisorientiert sein.

Der Artikel wird in Psychological Science zwar erst noch veröffentlicht werden, aber auf der Website der Forschungsgruppe einer der AutorInnen findet sich der wissenschaftliche Artikel als PDF-Download.

Meines Erachtens ist er einen näheren Blick wert, auch wenn ich als Behindertenpädagoge bestimmt wieder andere Schlussfolgerungen ziehe, als die AutorInnen.

Bevorzugt das Gehirn bestimmte Satzstrukturen?

Gibt es grammatikalische Strukturen, die unserem Gehirn mehr liegen als andere? Forscher der University of Chicago, genauer die Autoren des Aufsatzes “The Natural Order of Events: How Speakers of Different Languages Represent Events Nonverbally” glauben, Hinweise darauf gefunden zu haben.

Ihre Untersuchung:

  • 10 Personen, deren Muttersprache Englisch ist
  • 10 Personen, deren Muttersprache Mandarin-Chinesisch ist
  • 10 Personen, deren Muttersprache Spanisch ist
  • 10 Personen, deren Muttersprache Türkisch ist

Diesen 40 Personen wurden kurze Videosequenzen einfacher Tätigkeiten vorgeführt (z.B. eine Frau dreht einen Türknopf) vorgeführt.
Danach wurden sie gebeten, den Inhalt dieser Videosequenzen

  • erst sprachlich wiederzugeben
  • und dann nur mit Gesten.

Bei der sprachlichen Wiedergabe folgten die Versuchspersonen den grammatikalischen Regeln ihrer Sprache. Die Sprecher des Englischen, Mandarin und Spanischen formten Sätze in der Reihenfolge

Subjekt – Verb – Objekt (SVO-Form),

also zum Beispiel: “Frau – dreht – Türknopf“. In dieser Form würde der Satz auch in der deutschen Sprache gebildet werden.
Die Sprecher des Türkischen bildeten den Satz in der Form:

Subjekt – Objekt – Verb (SOV-Form),

also z.B. “Frau – Türknopf – dreht“.

Bei der non-verbalen Wiedergabe wendeten alle Sprecher eine Form unabhängig von der eigenen Sprache an. Nämlich die SOV-Form.

Daraus schließen die Autoren des Artikels, Weiterlesen